Interview mit NTT Ltd. zum Thema Künstliche Intelligenz und Automatisierung

Die Robinaut-Redaktion, unter der Leitung von Matthias Weber, hat Kai Grunwitz, Geschäftsführer NTT Ltd. in Deutschland, ein Interview zum Thema „Künstliche Intelligenz und Automatisierung“ durchgeführt.

Interview mit NTT Ltd. zum Thema Künstliche Intelligenz und Automatisierung

Auf unsere 3 Fragen zum Thema Künstliche Intelligenz und Automatisierung in der Arbeitswelt gibt uns Kai Grunwitz, Geschäftsführer der NTT Ltd. in Deutschland, Antworten.

1. In der Arbeitswelt wird eine Künstliche Intelligenz als Bedrohung wahrgenommen, wie sehen Sie das?

Generell ist Künstliche Intelligenz schon heute aus der Arbeitswelt und unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. KI-Technologien bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten rund um die Automatisierung von Abläufen, etwa in der IT oder in den Bereichen Sales und Marketing. Die einhergehenden signifikanten Vorteile müssen Unternehmen in Deutschland im Fokus haben, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

Viele Unternehmen und Mitarbeiter sehen in der KI allerdings auch eine Bedrohung. Häufig wird der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen thematisiert. Zwar fallen eventuell Stellen weg, jedoch werden in anderen Bereichen neue geschaffen. Durch Automatisierung, Robotik und KI entstehen in den nächsten Jahrzehnten Arbeitsplätze und Jobprofile, die wir heute zum Teil noch nicht vorhersehen können. Der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder auch dem Gefühl eines technologischen und digitalen „Abgehängtseins“ kann nur durch frühzeitige Schulungen und umfassende Ausbildungsstrategien begegnet werden. Analoge, tradierte Modelle müssen aufgebrochen und die Chancen für den Einzelnen aufgezeigt werden. Eine Spaltung in digitale Verlierer und Gewinner einer Gesellschaft müssen Politik und Unternehmen gemeinsam verhindern.

Weitere Bedrohungen stellen die schwer nachvollziehbare Technologie und auch die gefühlte Abhängigkeit von den Algorithmen dar, die zu einer Entscheidungsverlagerung vom Menschen zur Maschine führen. Diesen Punkt gilt es aus meiner Sicht sehr ernst zu nehmen. Gerade die vielfach geführten Biased-AI- und KI-Ethik-Diskussionen zeigen, welche Befürchtungen in Deutschland, aber auch weltweit existieren.

Horrorszenarien einer Superintelligenz werden natürlich durch Themen wie das Sozialkreditsystem in China befeuert. Das Worst-Case-Szenario wäre eine Superintelligenz, die den Menschen als Bedrohung sieht und sich gegen ihn wendet. Doch sind wir realistisch: Von solchen Superintelligenzen sind wir meilenweit entfernt. Trotzdem müssen Regeln für den Umgang mit KI festgelegt und politische, ökonomische und ethische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um das Vertrauen in die Technologie zu stärken und die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern. Die Kommissionen im Bund und in Europa tun hier bereits sehr viel. Einen guten Grundrahmen für die Ausrichtung ethischer KI haben der Forscher Eliezer Shlomo Yudkowsky und der Philosoph Nick Bostrom bereits 2014 in ihrem Beitrag „Ethics of Artificial Intelligence“ geliefert. Ihre vier KI-Prinzipien lauten: Nachvollziehbarkeit, Vorhersagbarkeit von Handlungen, keine einfache Manipulierbarkeit und klare Regelungen zur Verantwortlichkeit.

Fakt ist aber auch: KI wird die Gesellschaft der Zukunft prägen. Daher müssen wir heute investieren, um im KI-Bereich den Standort Deutschland zu stärken und den adäquaten Rahmen für Innovationen zu schaffen.

2. In welchen Bereichen sehen Sie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung als sinnvoll an?

Prinzipiell bietet sich der Einsatz von KI in allen Bereichen an, in denen viele Daten und Informationen verarbeitet werden, um Entscheidungen vorzubereiten. Typische Beispiele sind Simulationen in der Fertigung – Stichwort Digital Twins –, die Krebserkennung im Gesundheitswesen, die Automatisierung und Optimierung in Versorgungsnetzen oder Predictive-Maintenance-Anwendungen. Zudem sind Chatbots im Kundenservice zu nennen, auch wenn hier noch ein deutlicher Nachholbedarf in Deutschland besteht.

3. Welchen Rat geben Sie Entscheidern, die sich im Unternehmen jetzt mit Künstlicher Intelligenz und Automatisierung auseinandersetzen müssen? Was sollte der erste Schritt sein, um KI ins Unternehmen zu bringen?

Zunächst sollten realistische Anwendungsgebiete für KI definiert werden, die auch einen schnellen ROI versprechen. Von essenzieller Bedeutung ist die Datenqualität, denn ohne gute Informationen können auch keine guten Entscheidungen getroffen werden; schlechte Daten führen zwangsläufig auch zu einer schlecht angelernten KI. Dabei müssen gerade in Bereichen, die Menschen direkt betreffen, etwa im Personal- oder Versicherungswesen, alle erforderlichen Parameter berücksichtigt werden, um jede Art der Diskriminierung zu vermeiden.

Hinsichtlich der konkreten KI-Einführung sollte ein Unternehmen immer beachten, dass es sich dabei um kein reines IT-Projekt handeln darf – die Zusammenarbeit von Fachabteilungen und IT ist ein absolutes Muss. KI ist immer auch ein Business-Thema. Um die Akzeptanz für die KI-Nutzung zu fördern, sollte ein Unternehmen zudem immer die konkreten Vorteile aufzeigen und organisationsweit kommunizieren. Beispiele sind die Mustererkennung zur Optimierung von Prozessen in der Medizin und in der IT-Sicherheit oder die Spracherkennung zur Abdeckung von repetitiven Standardtätigkeiten. Prinzipiell darf auch nicht vergessen werden, dass KI dem Aufbau und der Verdichtung von Wissen dient und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken kann.


Interviewpartner: Kai Grunwitz, Geschäftsführer der NTT Ltd. Deutschland

Kai Grunwitz ist seit Oktober 2019 Geschäftsführer der NTT – einem weltweit führenden IT-Technologie und Service Provider – in Deutschland. In den letzten fünf Jahren verantwortete Kai Grunwitz als Senior Vice President EMEA von NTT Security das Geschäftsfeld Cybersecurity. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft ist er nun seit mehr als 25 Jahren in verschiedenen Führungsfunktionen in der IT-Branche tätig, unter anderem bei Oracle als Vice President Consulting Northern Europe und Mitglied des Country Leadership Teams oder bei Sun Microsystems als Head of Professional Services Central Europe und Mitglied der deutschen Geschäftsleitung.

Über NTT Ltd.:

NTT Ltd. ist ein führendes, weltweit tätiges IT-Dienstleistungsunternehmen. Wir arbeiten mit Unternehmen auf der ganzen Welt zusammen, um durch intelligente Technologielösungen Ergebnisse zu erzielen. Intelligent bedeutet für uns datengesteuert, vernetzt, digital und sicher. Als globaler ITK-Provider beschäftigen wir mehr als 40.000 Mitarbeiter an vielfältigen und modernsten Arbeitsplätzen in 57 Ländern. Wir agieren in 73 Ländern und erbringen Dienstleistungen in mehr als 200 Ländern. Gemeinsam ermöglichen wir die vernetzte Zukunft.

Post Author: Matthias Weber