Deutschland will auch zu den führenden Ländern zählen, wenn es um künstliche Intelligenz geht, doch momentan sind uns andere weit voraus. Die KI-Förderung der Regierung alleine reicht nicht aus, aufzuholen – diese Verantwortung liegt wo anders.
Deutschland, deine KI-Förderung
Längst ist der globale Wettbewerb um Innovationen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) entbrannt. Im weltweiten Vergleich liegen die USA in Führung, dicht gefolgt von China und auch in Israel sowie Kanada läuft die Forschung auf Hochtouren. Deutschland soll ebenfalls im internationalen Vergleich eine führende Position einnehmen, so die Zielsetzung von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. Drei Milliarden Euro auf sechs Jahre verteilt sieht die Finanzplanung der Regierung zur Förderung der KI-Forschung vor. Derweil wächst die Sorge, die Bundesrepublik verpasse den Anschluss an die internationale Konkurrenz. Ob die Bedenken berechtigt sind, dazu äußert sich Dr. Heiner Pollert, Gründer der Patentpool Group und des KI-Unternehmens Prisma Analytics:
Zwar genießt Deutschland auf dem internationalen Markt einen guten Ruf als Wegbereiter und Förderer von Innovationen und Unternehmen, deutsche Produkte stehen für Qualität, Stabilität und Verlässlichkeit. Diesen Standard weiterhin aufrechtzuerhalten, erfordert neben Engagement und Leistung aber auch ausreichendes Kapital. Ähnlich verhält es sich auf dem Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz, wo sich die Bundesregierung in den Bereichen Entwicklungsförderung und Marktetablierung bisher zu sehr zurückgehalten hat. Die nun auf sechs Jahre ausgelegten drei Milliarden Euro Fördergelder sind zwar ein Anfang, doch gezielte Unterstützung müsste innerhalb eines weitaus kurzfristigeren Zeitraums geschehen, um wirkliche Fortschritte zu erreichen. Deutschland muss sich bewusst machen: Auf einem so rasant wachsenden Feld wie KI gilt es, progressiv zu denken und zu handeln, andernfalls ist der Anschluss an die Konkurrenz bald verloren. Jetzt müssen Taten folgen – angefangen bei den heimischen KI-Pionier-Unternehmen – und nicht wie so häufig bei den großen Instituten, welche ohnehin bereits von jedem Geldtopf der Bundesregierung zehren. Es geht jetzt darum, neue und innovative Ideen von Nachwuchsunternehmen zu unterstützen, nicht darum verkrustete Strukturen weiter und weiter zu finanzieren. Während in den USA bereits weit über 1.000 Start-ups mit KI-Angeboten existieren, zählen wir 2019 in Deutschland gerade einmal 214, was schlichtweg daran liegt, dass sich im Ausland einfacher und unbürokratischer Wagniskapital finden lässt.
Es ist höchste Zeit, dass bei uns nun etwas geschieht: Das Know-how in der Anwendung muss weiter sowie effizienter gefördert werden und es braucht ausreichend finanzielle Ressourcen zur Umsetzung – ohne bürokratische Hürden. Darüber hinaus spielt der gesellschaftliche Faktor auch eine wichtige Rolle. KI gewinnt im öffentlichen Diskurs immer mehr an Bedeutung und die allgemeine Skepsis nimmt sukzessive ab. Trotzdem herrschen weiterhin diffuse Ängste einer robotergeführten Zukunft, die es zu überwinden gilt. Die Bevölkerung gezielt an das Thema heranzuführen, Offenheit gegenüber KI zu fördern und ihre Chancen aufzuzeigen, sind wichtige Aufgaben, die auch von der Politik erfasst werden müssen.
Das Ziel der Bundesregierung, Deutschland als Vorreiter auf dem Gebiet der KI zu platzieren, ist ambitioniert, aber geradezu unrealistisch, wenn das Tempo nicht angezogen und ein Umdenken bei der Mittelverteilung nicht eingeleitet wird. Mit den aktuell angestrebten Maßnahmen verhält es sich analog zum Klimapaket: Zu langsam und zu wenig – so bleibt es allein Aufgabe der Unternehmen, Deutschland international als KI-Nation zu repräsentieren. Fest steht: Je früher das Umdenken hierzulande, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland nicht auf halber Strecke den Anschluss verliert. Denn KI-Technologien haben das Potenzial, Antworten auf die großen Fragen unserer Gesellschaft zu liefern – sei es in den Bereichen Klimaschutz, Medizin oder Kapitalmarkt.