In Verwaltungen von Unternehmen türmen sich Dateien über Dateien. Es ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitunter schwierig, in der Flut von Tabellen, Präsentationen und Texten den Überblick zu behalten. Künstliche Intelligenz könnte hier ausmisten – und Energie und Speicherplatz sparen.
Intelligentes Löschen von überflüssigen Dateien – Informatiker der Universität Bamberg entwickeln lernfähigen Assistenten
Was aber soll gelöscht werden? Wo fängt man am besten an? Informatikerinnen und Informatiker der Universität Bamberg arbeiten derzeit an einer automatisierten Lösung: Sie entwickeln in dem interdisziplinären Projekt „Dare2Del“ zusammen mit der Arbeitspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mittels maschinellem Lernen ein System, das hilft, irrelevante Daten zu löschen. Das Projekt „Dare2Del“ läuft über sechs Jahre und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 889.702 Euro gefördert. Es ist Teil des DFG Schwerpunktprogramms „Intentional Forgetting in Organisationen“.
In der ersten Projektphase von 2016 bis 2019 programmierten Dr. Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik, insbes. Kognitive Systeme, und ihr Mitarbeiter Michael Siebers ein lernfähiges Modell, das zwar sehr komplexe Algorithmen verarbeiten kann, für den Nutzer aber trotzdem leicht zu bedienen ist. Das System löscht Dateien nicht wahllos und schon gar nicht automatisch: Die künstliche Intelligenz beachtet Unternehmensvorschriften und rechtliche Vorgaben und passt sich den Wünschen der Nutzerinnen und Nutzer an. Sie können beispielsweise Regeln festlegen: Immer die letzte und vorletzte Version einer Datei sollen behalten werden.
In der zweiten Phase geht es in den kommenden drei Jahren darum, die Vorschläge des Systems nachvollziehbar und transparent für Anwenderinnen und Anwender zu machen. So soll das Programm beispielsweise bestimmte Benennungen der Dateien hervorheben und durch einen Text erklären, warum die Datei zur Löschung vorgeschlagen wird.
Ute Schmid sagt:
„Unser Ziel ist es, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Mensch und künstlicher Intelligenz zu ermöglichen. Eine besondere Herausforderung für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist dabei, herauszufinden, wann ein Nutzer welche Inhalte bearbeiten möchte. Wer gerade mitten in der Arbeit an einem Projekt steckt, möchte nicht gefragt werden, ob er eine Datei aus einem völlig anderen Kontext noch braucht. Randzeiten scheinen geeignet zu sein: Beispielsweise werden am Ende jedes Arbeitstages fünf Dateien abgefragt, die aus dem Tageskontext stammen.“
Die Psychologinnen Prof. Dr. Cornelia Niessen und Kyra Göbel von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zeigten, dass Personen während der Arbeit selten Dateien löschen, nur, wenn sie unmittelbar den Arbeitsablauf behindern. Erklärungen des lernfähigen Systems sollen hier die Bereitschaft erhöhen, Dateien zu löschen, das Gedächtnis zu entlasten und sich besser konzentrieren zu können.
Ute Schmid erklärt, welche Vorteile ein solcher Assistent für Unternehmen haben könnte, wenn er nach dem Ende der Forschung auf dem Markt eingeführt wird:
„Digitale Daten, die überflüssig geworden sind, erschweren die Suche nach Informationen, verzögern Entscheidungen und lenken von eigentlich anstehenden Aufgaben ab. Sinnvoll zu löschen, erhöht die Arbeitsleistung. „Die Unternehmen sparen Kosten für die teure Speicherung der Daten in Clouds. Außerdem wird weniger Energie benötigt, um Daten zu speichern, und weniger Rohstoffe verbraucht, um Festplatten herzustellen.“