Universität Stuttgart und IBM treiben gemeinsam die KI-Forschung in Deutschland voran

Als neues Mitglied von IBMs AI Horizons Network forscht die Universität Stuttgart an künstlicher Intelligenz zur natürlichen Spracherkennung – Ein vielversprechendes Projekt, denn die Anwendungsmöglichkeiten sind grenzenlos:

Universität Stuttgart und IBM treiben gemeinsam die KI-Forschung in Deutschland voran

IBM und die Universität Stuttgart gaben heute bekannt, dass die Universität als erste Institution in Europa dem AI Horizons Network beitritt, um im Rahmen einer mehrjährigen Kooperation die KI-Forschung zur Interaktion von Sprache und Wissen voranzutreiben. Das AI Horizons Network ist ein weltweites Netzwerk von Forschenden und Promovierenden, das von IBM ins Leben gerufen wurde, um in einer Reihe von Forschungsprojekten und Experimenten die Anwendung von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, maschineller Sprachverarbeitung und verwandter Technologien gemeinsam voranzubringen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind weltweit bereits über 80 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Netzwerk veröffentlicht worden.

Fast täglich interagieren wir mit Chatbots, die mittlerweile eine nutzerfreundliche Schnittstelle zu Informationsquellen und unterschiedlichen Diensten darstellen. Egal, ob Fragen zu Versicherungsleistungen, dem Bearbeitungsstand eines Darlehens oder bei der Paketverfolgung – die meisten dieser Interaktionen sind Frage- und Antwortszenarien, die sich innerhalb eines gegebenen Kontexts mit maschineller Sprachverarbeitung umsetzen lassen (auf Englisch Natural Language Processing/NLP). Eines der langfristigen Ziele der KI-Forschungs-Community ist es, NLP so weiter zu entwickeln, dass künstliche Intelligenz zukünftig in der Lage ist, menschliche Kommunikationen und Interaktionen so gut zu interpretieren, dass Systeme eigenständig und kontextunabhängig Antworten auf Anfragen formulieren können. Diese Entwicklungsstufe wird als Natural Language Understanding (NLU) bezeichnet. 

Dank NLU könnten KI-Systeme zukünftig Antworten basierend auf der Analyse von Kontextinformation geben. Beispielsweise könnte ein Sprachassistent auf einem mobilen Gerät aus GPS-Informationen nicht nur auf die Relevanz bestimmter Ortsbezeichnungen schließen, sondern darauf, dass die Umgebung die Nutzerin zu einem inhaltlichen Themenwechsel inspiriert („Haben wir in dieser Gegend Partnerbetriebe im Bereich Logistik?“). Um das zu erreichen, müssen Wissenschaftler noch eine Reihe von Herausforderungen bewältigen. Darunter die Entwicklung einer Schnittstelle zwischen unstrukturierten Daten wie mündlichen Äußerungen, aber auch zwischen Tweets und Kommentaren in sozialen Medien auf der einen Seite und strukturierten Daten auf der anderen Seite, wie sie in Tabellen oder Datenbanken vorliegen.

Die Entwicklung einer solchen Schnittstelle zwischen Sprache und strukturiertem Wissen ist das Ziel des dreijährigen Kooperationsprojekts mit dem Titel “Language-Knowledge Interaction” (Interaktion zwischen Sprache und Wissen) zwischen dem Institut für maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart und IBM Research Europe.

Jonas Kuhn, Professor für Computerlinguistik an der Universität Stuttgart und Leiter des Projekts auf Seiten der Universität, sagt:

„Das vielleicht auffälligste Merkmal der menschlichen Sprache ist, dass ihre Ausdrücke wie Chamäleons sind: Sie können ihre Bedeutung je nach Kontext anpassen. Dadurch können sich Menschen bei der Kommunikation komplexer Sachverhalte erstaunlich kurz fassen – selbst bei schnell wechselnden Kontexten. Natural Language Understanding-Systeme müssen in Sprache und Text Indizien finden, die auf die richtigen Interpretationskontexte hinweisen. Deep Learning-Verfahren sind heute in der Lage, relevante Muster in Trainingsdaten zu erkennen. Aber es ist immer noch eine große Herausforderung, über das Erlernen der richtigen Lösungen für eine ganz bestimmte Aufgabe hinauszugehen. Viele Anwendungsszenarien erfordern Systeme, die verallgemeinern können und die eine Begründung für die getroffenen Entscheidungen liefern.”

Dr. Anika Schumann, Managerin für künstliche Intelligenz bei IBM Research und Verantwortliche für das Projekt auf Seiten des Unternehmens, sagt:

„Im Rahmen des AI Horizons Network arbeiten IBM-Forscher mit Fakultäten von Weltrang und brillanten Studenten an einer Reihe von ambitionierten Forschungsprojekten und Experimenten, die die Anwendung der KI beschleunigen sollen, um damit der Gesellschaft einen Mehrwert zu bringen. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit haben das Potenzial, die Anwendung von KI in so unterschiedlichen Bereichen wie dem Gesundheitswesen, der Materialwissenschaft oder dem Finanzwesen zu beeinflussen und zu verändern.”

Die Projekte des Netzwerks sind darauf ausgerichtet, unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von KI in Gebieten wie Gesundheit, Umwelt, Logistik oder Bildung anzuwenden. Das Netzwerk befasst sich mit dem gesamten so genannten KI-Stack: Von der Analyse der unstrukturierten und strukturierten Daten, die für das Training der Systeme erforderlich sind, bis hin zum Aufbau von neuartigen Computer-Infrastrukturen, die für die Optimierung der neuen datenintensiven Arbeitslasten in einer digitalen Welt erforderlich sind.

Das Projekt „Knowledge-Language Interaction“ wird sich speziell auf die Entwicklung einer automatisierten Schnittstelle zwischen unstrukturierten und strukturierten Daten unter Verwendung von maschinellem Lernen konzentrieren. Manuell erstellte Übersetzungsregeln sind zwar präzise, aber auf ein festes Raster von Unterscheidungen beschränkt. Dank jüngster Fortschritte bei den sogenannten Deep Learning-Methoden ist es inzwischen möglich, automatisch komplexe, mehrdimensionale Repräsentationen für Text und Sprache aus den natürlichen Verwendungsmustern in Daten zu induzieren.

Mit der Zusammenarbeit wird die Universität Stuttgart die erste Einrichtung in Europa, die dem IBM AI Horizons Network beitritt. Weltweit arbeiten führende Universitäten wie beispielsweise das Massachusetts Institute of Technology (MIT), IIT Bombay, Universite de Montreal und University of Massachusetts at Amherst mit IBM im Rahmen des Netzwerks zusammen.

Post Author: Redaktion des ROBINAUT